von Magnus Enßle
Die Klausur 2022 in Waldshut war nicht nur irgendeine Klausur. Exakt 10 Jahre nach der letzen Klausur in Waldshut bedeutete dies: Neuwahlen. Ensprechend angespannt war die Atmosphäre. Vor allem, weil es auch die weiteren Tagungspunkte in sich hatte. Eine explosive Mischung, mit der der Club nach Waldshut reiste. Schon mal vorab ein großer Dank an den Gastgeber Ben Rock und den Fahrer Thorsten!
Um 11:10 Uhr beginnt der Präsident die Sitzung dieses Jahres. Tagespunkte offiziell genannt: Datenschutz, Basisdemokratie/ Teilnahme des Fußvolkes an Klausuren, Teilnahme anderer CC- Gründungsmitglieder und Haushaltsituation.
Beginnen möchte die Tagung allerdings mit dem Top Wiedereingliederung von Gründungsmitglieder in das Tagungsgeschehen. Vor allem die Wiedereingliederung von Torsten nach drei verpassten Klausuren steht im Fokus der ersten Diskussionen. Die Sorge um Klaus und Torsten ist berechtigt, weiß Vincent zu berichten. Da der Vorstand dieses Jahr ist kann sich diese voll und ganz den Sorgen und Nöten seiner Gründungsmitglieder widmen.
Der Tagungspunkt Datenschutz war nicht so recht vorbereitet. Markus (Australien) wurde kurzerhand zum Datenschutzbeauftragten und Compliance Officer ernannt. Dieser konnte allerdings so kurzfristig aus der Ferne keinen Beitrag zu diesem kniffligen Thema leisten. Der CC muss nun in den kommen den Tagen beantworten für welche Serviceleistungen die (E-Mail-) Adressen der Mitglieder in Anspruch genommen werden können. Die Bandbreite reicht von Einladungen zu Jahrestreffen über Zusendung von Fehdestumpen bis hin zu Beleidigungen. Vor allem der Vize Vincent betont, dass ein Eintritt in den CC immer gewisse Einschränkungen der Privatsphäre zur Folge hat. Das sollte jedem bewußt sein. Zudem hat er die Bitte, das Thema Diversity auf die Agenda des CC zu setzen. Auch dies soll in das Portfolio des Compliance Office fallen.
Es folgt ein kurzer Abriss über die Mitgliedersituation. 26 Mitglieder hat der CC zum Stichtag. Leider trüben wieder einmal ein paar säumige Zahler den Gesamteindruck. Auch Gründungsmitglieder wie Benni tragen ihren Teil dazu bei. Mit den Klickzahlen auf der Homepage kann der Club einigermaßen zufrieden sei. Als Beispiel wird das Jahresabschlusstreffen 2021 genannt, das zum Stichtag (Klausurtagung) über 770 Klicks aufweisen kann. Auch der nur 6 Wochen alte Bericht zum Jahrestreffen hatte schon 400 Besucher. Dann allerdings stagnieren die Zahlen. Deutliche ältere Berichte aus dem jähr 2017 kommen dann im Schnitt auf 1.400 Klicks. Highlights wie die Klausurtagung 2014 kommen dann auf 5.200 Besuche.
Irgendwie schafft es das Thema Landesgartenschau auf die Agenda. Dort soll sich der Club in gewohnter Art präsentieren. „Zukunft braucht Herkunft“ soll das Motto der Ausstellung sein. Auf Kommission sollen ein paar Cigarren an den Start gebracht werden. Am Abend selber wird 20x die Buena Vista- CD durch den Spieler genudelt. Neben den Zigarren soll es Reis mit Bohnen auf einem Plattenteller geben. Den Rahmen soll eine Charity- Aktion mit dem Titel „Seife für Havanna“ geben.
Die erste Diversity- Debatte nimmt ihren Lauf. Natürlich sollen auch Frauen auf dem CC- Wasen anwesend sein dürfen. Vorrang haben allerdings die CC- Mitglieder und deren Freunde.
Es folgt ein Blick in die Vergangenheit und somit auch eine kritische Auseinandersetzung mit der Arbeit des Vorstands seit der letzen Wahl vor 10 Jahren. Am 13. Oktober 2012 war die letzte Klausur in Waldshut- Tingen. Es folgen natürlich 9 weitere Klausuren, davon 6 in München, 2 in Wallerstein und eine in Augsburg. Das 15jährige Bestehen des Clubs 2016 wurde ausgiebig gefeiert, inklusive einem sehr üppigen Bericht in der lokalen Presse. Auch der CC- Wasen hat inzwischen eine lange Tradition. Die Bücher sind hier etwas dünn, aber es ist notiert, dass 2018 bereits das vierte Mal war. Auch ein den Corona- Zeiten zeigte der Club sich aktiv. Die Klausurtagungen fanden unter Einschränkungen statt und selbst eine CC- Wanderung war noch drin. Auch ein Blick in die Zukunft ist angesichts der aktuellen Entwicklungen auf dem Cigarrenmarkt angebracht. Nicht nur, dass es immer schwerer wird, für eine größere Gruppe Havannas zu besorgen, auch der vergangene Preisschub macht es sehr schwierig, die Aufwendungen aus den Mitgliedereinnahmen zu bestreiten. Seit dem Gründungsjahr 2001 ist das Finanzpolster des Clubs stetig gewachsen, was damit zu erklären ist, dass nur Wenige den Genuss von Rindersteaks und Havannas bei den Jahrestreffen in Anspruch nehmen. Aber dieser positive Trend kann auch angesichts der Preise für Rindersteaks kaum gehalten werden. Der Club muß sich überlegen, wie er hier rechtzeitig gegensteuert.
Ein Antrag vom Markus Fruth bekam die erwartete schallende Ohrfeige. Auch geringe Teilnehmerzahlen beim Wasen sind noch kein Grund auf einen schnöden Tisch im Mittelschiff zu wechseln. Der Club wird auch 2023 wieder logieren.
Es wird spannend. Der Präsident bereitet seine letze Rede der ausklingenden Wahlperiode vor. „Der Club hatte schon Immer harte Zeiten vor sich. In dieser stetigen Anspannungslage ging das Thema Corona für den Club locker vorbei - da haben wir schon Schlimmeres gesehen. Dennoch zeigen die aktuellen Entwicklungen in der Gesellschaft, dass die Bemühungen um das Wohl des Clubs und das Wohl der Mitglieder noch einmal forciert werden sollte. Eine strategische Neuausrichtung muß angedacht werden. Die 16,34 Euro Jahresbeitrag stehen natürlich nicht zur Debatte, aber die Umlage an den Abenden muß eine andere werden. Auch der Erhalt der Bohlenstube für unsere Zwecke ist in den nächsten 10 Jahren keine Selbstverständlichkeit. Zudem muß man sich vor Augen führen, dass die Mitglieder in die Jahre kommen. Mit 35 gewählt, bin ich nun 45 Jahre alt. Das ist nicht spurlos an mir vorüber gegangen. Sollte sich der Club zur nächsten Wahl wieder in Waldshut- Tiengen treffen, bin ich, sind wir alle Mitte 50. Dennoch: Ich scheue die Herausforderungen nicht. Ich bin mir der Risiken bewußt, ich habe neue, frische Ideen, den Club im Fahrwasser zu halten. Deswegen halte ich mich auch für den geeigneten Präsidenten der kommenden 10 Jahre.
Es brandet Applaus auf. Auch die Nichtmitglieder im Umfeld der Tagung zeigen sich begeistert von so viel Energie. Im Überschuss dieser Euphorie konnte Vincent zugleich ein neues Mitglied gewinnen, welches -selber noch im Taumel der Gefühle- zum Einstand eine Runde Hähnchen vom Grill schmeißt.
Markus und Klaus gehen nicht ans Telefon und sind somit nicht in der Lage ihre Einschätzung zur bevorstehenden Wahl zu geben. Die Enttäuschung bei allen ist groß, aber noch ist der Abend jung. Die Anwesenheit solcher zentraler Funktionen im Club führt nun unweigerlich zur Diskussion über den Gesundheitszustand mancher Gründungsmitglieder. Thorsten spricht sich dafür aus, im Club ein Inklusionsprogramm ins Leben zu rufen. Ein noch zu definierender Leiter soll für Konzeption und Durchführung zuständig sein.
Es wird gerätselt, wer aktuell der Ratsvorsitzende des Rates für Ethik und Kultur ist. Das Lob geht also erstmal an Unbekannt, dass der Club in den vergangenen Jahren einigermaßen skandalfrei blieb. Es zeigt sich, dass die aus dem Boden gestampfte Governance äußerst wirksam ist und somit sicherlich den Club weiter in die Zukunft tragen wird.
Es ist bereits kurz nach 14 Uhr. Der Club tagt immer noch in der inzwischen liebgewinnen Kaschemme. Es steht die Entlastung des Vorstands ab. Von den Anwesenden wird ein Bericht des Präsidenten eingefordert. „Der Club, der immer das Wohl, die Geselligkeit und das Zusammensein, das Vergnügen und das gemeinsame Lachen und die Erinnerungen an alte Zeiten im Auge hat, hat es immer wieder geschafft, trotz der hohen Fixkosten in den vergangenen Jahren in den Generalversammlungen, nach und nach die Finanzen zu verbessern. Daher sollte auch in den nächsten Jahren der Club gut gewappnet sein, Krisen souverän zu meistern. Und dies auch ohne zusätzliche Maßnahmen. Ich bin auch froh, mit Henk einen sehr gewissenhaften Kassenwart zu haben, der in all den vergangenen Jahre der Legislaturperiode keine Beanstandungen gehabt hat. Der Club steht gesünder da wie eh und je auch wenn das Ausscheiden von 2, vielleicht 3 Mitgliedern zu verarbeiten war. Aber dies sehe ich als Reinigungsprozess. Wir haben uns aber auch erneuert - mit frischen, jungen Blut, mit Leuten, die auch hoffentlich bald mit neuen Ideen aufwarten kann. Die Weichen für die kommenden Jahre sind gestellt. Es dürfen Gründe genug geben, den Club im Paket zu entlasten. Nicht einzeln, da der Vorstand stets als Team aufgetreten ist und also solcher entlastet werden möchte.“
Ein Gänsehautmoment für alle Mitglieder - tosender Applaus brandete auf. Der Präsident bittet um Entlastung, der Vize übergibt das Wort an die stimmberechtigten Mitglieder. Die Nervosität des Präsidenten is spürbar zu greifen. Thorsten ergreift das Wort: „Ich möchte mit einem Zitat des Wirtschaftsministers starten: Wenn man stirbt, ist man ja nicht zwangsläufig tot - man hört nur auf zu leben. So eine Entlastung zu übernehmen für so viele Mitglieder, die heute nicht anwesen sein können, lastet natürlich wie Zentner auf meinen Schultern. Die Entlastung von gleich 10 Jahren ist das geringere Problem, da über die Jahre hinweg die einzelnen Klausuren und Jahrestreffen sichergestellt haben, dass der Club sauber geführt ist. Daher kann ich gerne dem Wunsch des 1. Vorstands folgen und möchte hiermit den Vorstand entlasten.“
Applaus brandet wieder auf. Der Vorstand klatscht sich ab und es fällt eine immense Last von den Schultern ab. Stand 14:07 ist der Club führungslos. Der ehemalige Präsident schlägt daher vor, die Neuwahlen sofort zu starten und beginnt sofort mit einer Dankesrede und einer gleichzeitigen Neubewertung. „Zuerst möchte ich Danke sagen für das Vertrauen, das ich in den vergangenen 10 Jahren genossen habe. Die Aufgabe war sehr Herausforderung und gerade deshalb kann ich mir gut vorstellen, dieses Amt weitere 10 Jahre inne zu haben.“
Auch der ehemalige Vize und der Ex- Dritte wollen es sich nehmen lassen, nochmal das Wort zu ergreifen: „Zwischen mir und dem Präsidenten passte kein Blatt Papier. Zudem möchte ich meine weiterhin bedingungslose Loyalität zum Ausdruck bringen und ich stehe dem Club als Diener in der undankbaren Rolle des Vize nach wie vor zur Verfügung. Natürlich überlasse ich aber das Schicksal des Clubs den Wahlmännern.“ faßt Vincent zusammen.
„Als Schriftführer bedanke ich mich auch recht herzlich für die Entlastung des Vorstands. Auch möchte ich mich für die warmen Worte bedanken. Es war mir eine Ehre einem solchen Club dienen zu dürfen und auch in diesem Team mit so hervorragenden Vorständen dem Club zu dienen ist ein Geschenk, das ich auch erneut annehmen würde falls es mir gewährt wird.“ so die Zusammenfassung von Benni. Weitere Kandidaturen brachte der Nachmittag nicht hervor. Das Gremium zog sich daher auf einen Schluck Augustiner zurück.
Bei gefüllten Krügen stelle man fest, dass in 10 Minuten der Bus zurück in die Stadt fuhr. Den galt es zu nehmen, sollte die Agenda nicht in sich zusammenbrechen. Eine eilige „Blockabstimmung“ wie von Ex-Präsidenten gefordert scheiterte aber am Veto des Gremiums. Der Club war also auf seinem Weg zurück nach Waldshut führungslos. Zum einen sicherlich die dunkelsten Stunden des Clubs aber auf der anderen Seite genossen es alle ehemaligen Vorstandsmitglieder sichtlich, mal nicht die erdrückende Bürde auf ihren Schultern tragen zu müssen. Das Machtvakuum im Club hatte etwas unwirkliches. Es wirkte als stehe die Erde still, alle Insassen im Bus war die Nervosität ins Gesicht geschrieben. So gut wie es ging, versuchte jeder sich nichts anmerken zu lassen und seinem Tagesgeschäft nachzugehen - es war aber dennoch augenscheinlich, dass ein dumpfer Moll- Ton sich über die Stadt gelegt hat.
Nächste Station war eine üble Sportkaschemme in der auch sogleich wenig glamourös die Wiederwahl der eben erst entlasteten Vorstandsmitglieder stattfand. Sichtlich enttäuscht über den schäbigen Rahmen für so ein Ereignis zeigte sich Thorsten, während Ben, Vincent und Magnus sich selber feierten, was den Unmut bei Thorsten nur noch steigerte. Es half auch nichts, dass der VfB zur gleichen Zeit durch einen späten Elfmeter bei (!) Bayern München ausglich und somit einen seltenen Punkt aus der Ferne entführte. Der Rest des Abends verlief ungewohnt ruhig. Das Abendessen beim Italiener war sehr lecker aber kaum zu schaffen, da Vincent schon in der Fußballkneipe meinte, 3 kg Erdnüsse zu bestellen, die kurz vor dem Abendessen für das unnötige Sättigungsgefühl sorgten. Auch in der Abschlußkneipe Herr Lehmann spürte ein jeder die Melange aus Pizza und Erdnüssen in sich arbeiten. Schnäpse und Bier konnten hier kaum für Beruhigung sorgten. So endete der Abend früher als gedacht.